«Picture with you?»: Der Tourist als Fotomotiv in Indien

Rajasthan, Indien
«Picture with you?»: Der Tourist als Fotomotiv in Indien

«Can I take picture with you?» Diese Frage wurde uns während unserer Rajasthan-Reise immer wieder gestellt. Das erste Mal, da sind wir in der Wüstenstadt Jaisalmer gerade aus dem Hotel-Pool gestiegen. Ein paar Männer möchten mit uns ein Foto machen. Zum Glück hat uns unser Fahrer auf solche Anliegen vorbereitet. Trotzdem bin ich jetzt, im Badeanzug am Schwimmbecken, doch ein wenig überrumpelt. Nun, was solls – schiesst los!

Verkehrte Welt? Touristen als Fotomotive

Aber warum wollen die uns überhaupt fotografieren? Weil wir für sie etwas Besonderes sind, mit der hellen Haut, den hellen Haaren. Solche Exoten treffen sie nicht alle Tage. Die Foto-Frage wird vor allem dort gestellt, wo sich wenige Ausländer aufhalten. Oder von inner-indischen Touristen. Zu denen gehören unsere Pool-Fotografen. Sie stammen aus dem Nachbarstaat Gujarat. Die Wahrscheinlichkeit, dort Westler anzutreffen, ist viel geringer als im vom Tourismus verwöhnten Rajasthan. Drum werden von uns nun gleich mehrere Fotos geschossen. Wir kommen uns vor wie Promis.

Smartphone sei Dank

Ich und ein mir unbekannter Inder

Foto mit irgendwem. Mandore, Rajasthan

Möglich ist die Foto-Manie, weil sich das Smartphone auch in Indien grosser Beliebtheit erfreut. Den Fotoapparat hat man so immer dabei, ein Bild ist schnell geknipst und Speicherplatz ist auch keine Mangelware mehr. Meist sind es junge Männer, die sich gerne mit einem Touristen, noch lieber mit einer Touristin, ablichten lassen. Die Fotos werden sie später bestimmt wie Trophäen unter Freunden herumreichen.

Picture with you – ja oder nein?

Nicht verwechseln: «Take picture of me» heisst meist «Mach ein Bild von mir! Ich erwarte dafür aber ein kleines Entgelt.» Dass man Fremde um Erlaubnis bittet, bevor man sie ablichtet, versteht sich ja von selbst. Manchmal erwarten die Fotografierten ein Trinkgeld. Das ist fast immer so, wenn man aufgefordert wird, jemanden zu fotografieren. Schon Kinder sprechen die Reisenden mit dieser Absicht an. Es ist wichtig zu wissen, wie das abläuft, bevor man auf den Auslöser drückt. Wie man damit umgehen will, muss jeder selber entscheiden.
Wie man als Reisender mit Foto-Anfragen umgehen soll, darüber wird schon länger diskutiert – etwa in diesem Artikel von 2013. Wir haben den Fragen nach Fotos mit uns meist zugestimmt. Weshalb? Erstens fotografieren wir Touristen ja noch so gerne exotische Einheimische aus fremden Kulturen. Da dürfen die sich auch revanchieren. Zweitens lernt man es zu schätzen, wenn man gefragt wird, statt wie von Paparazzi aus einem Hinterhalt abgeschossen zu werden. Auch das haben wir erlebt. Drittens ist das alles meist harmlos. Aber vor allem Frauen sollten darauf vorbereitet sein, von jungen Männern für ein gutes Bild geradezu umschlungen zu werden. Da muss man Grenzen setzen – wie auch bei der Dauer der Foto-Sessions. Aus “only one picture” wird gerne eine ganze Serie.

Kunterbunte Grossfamilie

Zurückhaltender und meist unproblematisch sind Frauen oder Familien. Das spontane Shooting mit einer indischen Grossfamilie in einer Parkanlage bei Jodhpur ist eine äusserst witzige Angelegenheit. Das Familienoberhaupt schiesst auch mit unserem Apparat einige Bilder. Die Resultate sind so kunterbunt wie lustig. In Udaipur möchte eine Frau und ihr Kleinkind mit uns aufs Bild. Sie fragt, woher wir kommen. Wir fragen zurück. So ergibt sich ein kurzes Gespräch, und wir erfahren ein bisschen etwas über jene Menschen, deren Land wir bereisen. Das ist die eine oder andere Foto-Session allemal wert.

Foto mit Grossfamilie. Mandore, Rajasthan

Foto mit Grossfamilie. Mandore, Rajasthan


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