Schwerwiegende Probleme im Wasserflugzeug
1.4.2016 | 📎 Malediven | ✏ Anekdoten, Recherche
Schwerwiegende Probleme im Wasserflugzeug
Es gibt Leute, die offenbar mit dem Ziel verreisen, sich wieder mal richtig gut aufzuregen. Damit das auch klappt, lassen sie den gesunden Menschenverstand schön zu Hause. Solche Touristen sind uns am Flughafen der maledivischen Hauptstadt Malé begegnet.
Der Blick zum Himmel verspricht an diesem September-Morgen nichts Gutes, als wir am Wasserflugzeug-Terminal auf den Transfer ins Faafu-Atoll warten. Dann eine Durchsage: Alle Passagiere unseres Fluges werden zur Information gebeten. Während am Horizont dunkle Wolken aufziehen, bricht über die Airline-Mitarbeiterin am Schalter bereits ein Unwetter herein: Eine wütende britische Touristin ist kurz vor dem Durchstarten.
Wenn der Flug «schwer» wird
An der Theke informiert man uns: «Your flight is getting heavy.» Wir rätseln gerade, was das bedeuten mag, da biegt der mindestens so zornige Mann der aufgebrachten Dame um die Ecke. Der Typ ist etwa zwei Meter hoch und fast genauso breit.
Schlagartig wird die Aussage «Ihr Flug wird schwer» allen Umstehenden klar. Ausser dem offensichtlichen Auslöser des Problems. Der tobt weiter. Und weshalb? Weil die Airline unter den gegebenen Umständen vorschlägt, Passagiere und Gepäck getrennt zu transportieren – erst Menschen, dann Koffer. Man reicht uns eine Stofftasche, in die wir das Wichtigste umpacken können.
Wasserflugzeug: Blechdose mit Propellern
Den Briten passt das alles gar nicht. Sie beginnen, eine Meuterei anzuzetteln. Bald herrscht totale Verunsicherung. Drum versuchen wir mal, trotz Tropenhitze einen kühlen Kopf zu bewahren. Tatsache ist: Das Wasserflugzeug vom Typ «De Havilland Twin Otter» ist keine Frachtmaschine, sondern eine Blechdose mit Propellern und Platz für 15 Passagiere. Leergewicht: etwas über drei Tonnen. Maximales Startgewicht etwa fünfeinhalb Tonnen. Bleiben gut zwei Tonnen für Treibstoff, Crew, Passagiere und Gepäck. Klingt nach viel, ist es aber nicht:
- Einiges geht für den Treibstoff drauf. Der Flieger verbraucht 270 kg pro Stunde. Bei einer Flugdauer von 35 Minuten wurden für Hin- und Rückflug sicher 300 kg Treibstoff getankt.
- Die Crew besteht aus zwei Piloten und einem Mann Kabinenpersonal. Dreimal Mensch zu durchschnittlich 75 kg macht 225 kg. Die Piloten fliegen barfuss, das Gewicht ihrer Schuhe ist also schon mal gespart 😉
- Im Flugpreis ist pro Passagier 25 kg Gepäck eingerechnet – macht 375 kg.
- Und dann noch 15 Passagiere zu 75 kg, macht 1’125 kg.
Total 2,025 Tonnen. Es bleibt also kaum Spielraum. Mit etwas mehr Gepäck oder einem grösseren Passagier hebt die Kiste schlicht nicht ab. Das britische Touristenpaar versteht das nicht. Oder will es nicht verstehen. Unter Protest klettern die beiden dann doch ohne Gepäck an Bord.
Gewitter über dem Inselparadies
Vor dem Start hat das Ein-Mann-Kabinenpersonal alle Hände voll zu tun, die Passagiere so auf die Sitze zu verteilen, dass der Flieger einigermassen ausbalanciert ist. Der Flug durch das Tropengewitter, das sich mittlerweile über dem indischen Ozean entlädt, ist zwar unruhig, aber wir kommen gut an. Unser Gepäck auch: kommentarlos steht es wenige Stunden später im Zimmer.
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